Munichkindl
Ois über unsere Heimat
Friedrich Gärtner wird in eine Architektenfamilie hineingeboren. Sein Vater Johann Gärtner (1744–1828) ist gerade als Bauleiter beim neuen Residenzschloss in Koblenz tätig, als Friedrich geboren wird. Als 1794 französische Revolutionstruppen Richtung Koblenz marschierten, flieht Johann Gärtner mit seiner Familie, samt dem kleinen Friedrich, nach Würzburg, wo er gleich Hofbaudirektor des dortigen Fürstbischofs wird. Mit dreizehn Jahren kommt Friedrich schließlich nach München, da sein Vater dort das Amt des königlich-baierischen Hofbauintendanten übernahm.
Friedrich geht zur Schule und ab 1809 studierte er an der Münchner Kunstakademie. 1812 zieht er nach Paris, wo er weitere zwei Jahre studiert. Daran schließt er bis 1817 einige Wanderjahre an und reitet
einmal quer durch Italien, wo er sich u.a. in Rom und Neapel niederlässt. Er studierte die römische
Baukunst und veröffentlichte ein Lithographiensammlung zu den schönsten Monumenten Siziliens.
Während Friedrich Gärtner den Süden genießt, wird seinem Vater 1919 zuhause die Stellung als Hofbauintendant entzogen. Ein ziemlicher Intrigant, mit Hang zu allem Griechischen, boxte ihn aus seinem Job, Leo Klenze, ein Norddeutscher, der sich auch zum Gegenspieler des jungen Gärtners entwickeln wird.
Ebenfalls 1819 folgt Friedrich Gärtner dem Ruf zurück in seine Heimatstadt München, wo er fortan als Professor für Baukunst an der Kunstakademie lehrte. Zusätzlich übernahm Gärtner 1822 die künstlerische Leitung der Porzellanmanufaktur Nymphenburg.
Der junge Gärtner kam aus gutem Hause und daher war seine Karriere vorherbestimmt. Dass sie so steil bergauf ging, war aber eher erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Gärtner ein ziemlich derber Klotz war. Er konnte fluchen wie ein Bierkutscher und soff wie ein Loch. Er genoss die schönen Dinge des Lebens und hübsche Frauen brachten ihn regelmäßig richtig in Wallung.
Umso erstaunlicher, dass der junge Gärtner so schnell das Vertrauen König Ludwigs erlangte und mit der Planung der Ludwigskirche (erbaut von 1824 bis 1844) beauftragt wurde. Erstaunlich war dies obendrein,
als dass bis dato doch eigentlich Leo von Klenze mit nahezu jedem königlichen Bauvorhaben beauftragt wurde.
Gärtners erster großer architektonischer Wurf war also die Ludwigskirche. Fast gleichzeitig ab 1827
durfte er auch noch die Hof- und Staatsbibliothek (die wegen Geldmangels erst ab 1832 erbaut und nach elf Jahren 1843 fertiggestellt wurde) planen. Klenze hasste es, dass Gärtner schließlich auch mit der wichtigen Planung für die nördliche Gestaltung der Ludwigstraße beauftragt wurde. Auch er hatte Vorentwürfe für die Universität erstellt, doch auch dieser Bau ging wieder an den jungen Gärtner.
Friedrich Gärtner entwarf also ab 1827 das zurückgesetzte Hauptgebäude der LMU im Rundbogenstil, das schließlich von 1835 bis 40 fertiggestellt wurde. Wäre es nach Leo Klenze gegangen, wäre der heutige Geschwister-Scholl-Platz rund und nicht eckig angelegt.
So entstehen nun an der Ludwigstraße Gärtners Monumentalbauten, die nicht monumental wirken, sondern einen leichten italienischen Flair nach München bringen.
An dem nördlichen Ende der Sichtachse, hin zum südlichen Odeonsplatz, plant Gärtner 1840 als krönenden Abschluss der Prachtstraße das Siegestor, ein Triumphbogen dem römischen Konstantinsbogens nachempfunden.
Im darauffolgenden Jahr setzt Gärtner den südlichen Schlussstein der Ludwigstraße, die Feldherrnhalle, die von 1841 bis 1844 im Vorbild einer offenen florentinischen Loggia erbaut wurde.
Gärtner war im Höhenflug und erhält zusätzlich die Posten des Oberbaurats und des Generalinspektors für alle bayerischen Kunstdenkmäler zugeschanzt. König Ludwig überhäuft Gärtner gerade zu mit Ämtern und Arbeit, zum Teil muss er zwanzig Großbaustellen gleichzeitig betreuen. Gärtner ist von seinem Ansehen gerade zu berauscht. Machtgeil, wie er nunmal war, gibt er kein einziges Amt auf, sondern klammert sich geradezu an seine errungene Machtposition.
Kurz vor seinem Fünfzigsten wurde er geadelt und reiste danach mit einem Bautrupp nach Athen, wo er den nach seinem Entwurf erbauten Königspalast vollendet und nebenbei die Ruinen der Antike inventarisiert.
Wieder in Bayern angekommen, wird er 1842 zum Direktor der Münchner Akademie ernannt. Im selben Jahr begann er mit der Erweiterung und Umgestaltung des Alten Südfriedhofs, den er mit umlaufenden Arkaden einen italienischen Stil verpasste.
Ein Jahr zuvor begann er 1841 mit dem Bau der Befreiungshalle bei Kelheim, den er jedoch nicht mehr fertigstellen konnte. Von Gärtner verstarb Ende April 1847, fünf Tage nach einem Schlaganfall. Auf Geheiß des Königs darf ausgerechnet sein Erzfeind Leo von Klenze die Befreiungshalle nach seinem Geschmack umgestalten und vollenden. Hätte er erfahren, wie begeistert Ludwig von Klenzes Vollendung war, Gärtner hätte sich im Grabe umgedreht.
König Ludwig sagte damals "Klenze Norddeutscher, aalglatt und nicht leicht zu fassen: Gärtner ein süddeutscher Charakter, aber ein Bär. Ich konnte beide nie zusammenbringen."
Was zu Lebzeiten beider nicht gelang, erfolgte dann später am Gärtnerplatz (wo die beiden Büsten der Architekten Gärtner & Klenze stehen) als auch am Friedhof. König Ludwig läßt nach dem Tod Gärtners den von ihm neugebauten Südfriedhof komplett sperren, denn Gärtner selbst sollte die Ehre erhalten, als der erste Tote auf seinem Friedhof einzuziehen. Hier liegt er in Ruhe jedoch nicht allzu lange alleine, denn in unmittelbarer Nachbarschaft zieht bald schon sein Erzfeind Leo von Klenze ein.
Friedrich Gärtner - vielleicht Münchens wichtigster Architekt
(* 1791 in Koblenz ; † 21. April 1847 in München)
Abbildung: Friedrich von Gärtner, der übrigens nur Namensgeber, aber nicht Architekt des Gärtnerplatztheaters ist, oben dargestellt von Munichkindl, unten dargestellt von einem mir unbekannten Künstler, mittig Gärtners Ludwigskirche an der Ludwigstraße