Munichkindl
Ois über unsere Heimat
16. Jahrhundert in München
Herzog Wilhalmen der Über-Fromme
1548 bis 1626 n. Chr.
Wilhalmen oder auch Wilhelm (*1548; †1626 in Schleißheim) wurde als zweiter Sohn von Herzog Albrecht V. auf Burg Trausnitz bei Landshut geboren. Seine Erziehung durch Rechtsgelehrte war äußerst streng. Wilhelms Bildung blieb wohl deutlich hinter der seines Vaters zurück, aber er verstand Latein, Französisch, sowie etwas Italienisch und achtete die Wissenschaft so hoch, daß er aus seinem Erstgeborenen einen Gelehrten machen wollte.
Im Alter von zwanzig entschied man ihn, mit der schönen und weltoffenen Renata von Lothringen zu verheiraten. Anfänglich versuchte man den bairischen Herzog noch umzustimmen. Wilhalmen sollte sich für die fünf Jahre jünger Schwester Dorothea entscheiden, da diese schöner sei und über "100.000 Kronen mehr Heiratsgut" verfüge. Es blieb jedoch bei dem ursprünglichen Entschluss, vor allem deshalb, weil "das Fräulein Dorothea einen Mangel an einem Fuße habe".
Die Hochzeitsfeier des Prinzenpaares fand im Februar 1568 statt, dauerte nahezu drei Wochen und war eines der "großartigsten und strahlendsten" Hoffeste an der Münchner Residenz. Auf dem Hauptplatz fand während der Feierlichkeiten ein großes Ritterturnier statt, an das noch heute täglich das Münchner Glockenspiel auf dem Marienplatz erinnert.
Nach dem Tod seines Vaters (1579), übernahm der Erbprinz als Wilhelm V. das finanziell marode Herzogtum Baiern und zog mit seiner Frau in die Residenz zu München. Anders als sein Vater, der träge war und gerne in Saus und Braus lebte, führte Wilhelm mit Renata ein eher bescheidenes, aber arbeitsames Leben in Mildtätigkeit, was ihm auch den Beinamen der Fromme einbrachte.
Jeden Mittag und Abend besuchte er die Messe, verbrachte vier Stunden im Gebet und wöchentlich ging er mehrmals zur Beichte. Seine Frömmigkeit war vielleicht etwas zu ausgeprägt, denn er geißelte sich auch, trug härene Unterkleider und unternahm Wallfahrten nach Altötting, Andechs, Tuntenhausen, als auch nach Loreto und Rom.
Als die Gefahr der "lutherischen Ketzerei" in direkter Nachbarschaft, in der maxlrainischen Herrschaft Waldeck, einer Enklave bei Miesbach, drohte, ließ er das Gebiet von Truppen besetzen und sperrte die Grenzen. Dadurch gelang es Wilhelm die Miesbacher 1584 vom Protestantismus zu "befreien" und konnte die Bevölkerung für den Katholizismus zurückerobern. Ein Jahr zuvor unterstützte er die kriegerische Politik seines Bruders Ernst mit bairischen Truppen, um auch das Kölner Erzbistums vor dem Übertritt zum Protestantismus zu bewahren. Wilhelm in seiner Über-Frömmigkeit war auch der erste systematische Hexenverfolger unter den bairischen Herzögen.
Wilhelm beschloss das Kloster der Jesuiten zu erbauen und ließ zwischen 1583 und 1597 die größte Renaissancekirche nördlich der Alpen, die Michaelskirche, errichten. Für diesen Bau ließ er nicht nur 34 Häuser, sondern auch die dem heiligen Nikolaus geweihte Kapelle abreißen, die schon lange vor der Gründung Münchens bestand. Wilhelm war (wie auch schon sein Vater) unfähig Einnahmen und Ausgaben im Gleichgewicht zu halten. Seine schrankenlose Freigebigkeit für kirchliche Zwecke und seine Monumentalbauten überforderten den bairische Staatshaushalt.
Wilhelm trank gerne Bier, das damals nur bei Hofe ausgeschenkt wurde und er anfänglich aus Einbeck an den Münchner Hof importieren ließ. Da dies erhebliche Kosten verursachte, entschied er sich 1589 die erste Hofbrauerei beim Alten Hof (das spätere Hofbräuhaus) einzurichten. Der Standort des ersten 'braunen Hofbräuhauses' war nicht am Platzl, sondern im Hennen- und Badehaus des Alten Hofes neben dem Zerwirkgewölbe. In der Nachbetrachtung kann die Versorgung Münchens mit Braunbier vielleicht als sein größter Verdienst festgehalten werden.
Positiv war auch, dass er bereits 1597 abdankte und die Regierungsgeschäfte früh an seinen Sohn Maximilian übergab. Nach seiner Abdankung siedelte er mit seiner Frau in die neu erbaute Wilhelminische Veste (spätere ehemalige Herzog-Max-Burg) über. Herzogin Renata kümmerte sich um Kranke, Arme und Pilger. In dieser Aufgabe ging sie nach der Abdankung ihres Mannes vollständig auf, verstarb aber schon vier Jahre später.
Nach 1610 zog sich Wilhelm, als Witwer, immer wieder in die Einsiedelei nach Schleißheim oder seinen Ansitz Neideck in der Au zurück. Als er 1626 im Alter von 78 Jahren verstarb, hatte er noch Maximilians triumphale Siege für die katholische Sache und dessen Benennung zum Kurfürsten erlebt.
Ende des 16. Jhd. leben in München laut dem Stadtsteuerbuch ca. 20,000 Einwohner in etwa 1.300 'Behausungen'.
Abbildung: Erbprinz Wilhalmen mit seiner Gemahlin Renata dargestellt vom Munichkindl (2015), darunter Miniaturmalerei auf Kupferblech von Christoph Schwarz (1580), sowie zwei Kupferstiche: Herzog Wilhelm V. im hohen Alter dargestellt von Dominicus Custos (um 1600) sowie Herzogin Renata dargestellt Jan Sadeler der Ältere (zwischen 1588 und 1595); Abbildung links unten: Wilhelm in jungen Jahren dargestellt von Hans Schöpfer der Ältere (1564), daneben: Michaelkirche mit dem Kollegiengebäude, das Wilhelminum (erbaut neben der abgerissenen Nikolauskapelle, auf dem Grund an der vermutlich die Mönchssiedlung vom Kloster Schäftlarn - vor der Gründung Münchens - bestand; heute gegenüber dem Sport Scheck)